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Weltbildungstag: Mit den Fingern lesen lernen

08.09.2022
Amandine aus Burkina Faso sitzt an einem Tisch in der Inklusionsschule in Kaya, Burkina Faso. Ihre Hände liegen auf weißem Papier und sie übt, die Brailleschrift zu lesen. Sie wirkt sehr konzentriert.
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Heute ist Weltbildungstag und noch immer haben mehr als 2 Millionen Kinder mit Sehbehinderungen weltweit schlechtere Chancen auf Schulbildung im Vergleich zu Kindern ohne Behinderungen. Licht für die Welt unterstützt diese Kinder dabei durch die Brailleschrift schreiben und lesen zu lernen.  

Konzentriert lässt Amandine ihre Finger über ein kleines Hirsekorn gleiten. Sehen kann sie nicht, was sie in ihren Händen hält und noch braucht sie etwas Zeit, um zu ertasten, worum es sich handelt. Mit drei Jahren hat Amandine ihr Augenlicht durch eine schwere Krankheit verloren. Jetzt ist sie in einer Vorbereitungsklasse an einer Inklusionsschule und sensibilisiert ihre Fingerspitzen, um die Blindenschrift Braille zu erlernen.

Amandine ist eines von 2 Millionen Kindern, die ohne Augenlicht leben. Weitere 90 Millionen haben eine Sehbeeinträchtigung. Viele von ihnen werden niemals schreiben und lesen lernen, denn ihre Chancen auf Schulbildung sind je nach Region zwei bis fünfmal geringer als bei Kindern ohne Sehbehinderungen, obwohl das Recht auf Bildung in den nachhaltigen Entwicklungszielen 2030 verankert ist. Diese Benachteiligung hat Auswirkungen auf ihre soziale Entwicklung und Eigenständigkeit im Erwachsenenleben.

Chancenreichtum im Ballungszentrum

Auch Amandine hätte wahrscheinlich nie lesen und schreiben gelernt. Als eine Partnerorganisation von Licht für die Welt in das Heimatdorf des Mädchens kam, um die Augenkrankheiten der lokalen Bevölkerung zu behandeln, entdeckten sie Amandine. Schnell war klar, das Mädchen wird nie mehr sehen können.

Ein Rehabilitationsprogramm in der Region unterstützt blinde Kinder wie Amandine. Mit ihrer Hilfe hat das Mädchen einen Platz an einer Inklusionsschule in der Stadt Kaya in Burkina Faso bekommen, wo sie die Blindenschrift Braille lernen soll. Da die Schule zu weit weg von Amandines Heimat ist, lebt sie während der Schulzeit bei einer Gastfamilie. Sie fühlt sich wohl mit ihrer Gastmutter, hilft im Haushalt mit und lernt, sich um sich selbst zu kümmern.

Scharfe Sinne brauchen Geduld und Übung

In der neuen Schule hat das aufgeweckte Mädchen viele Freund*innen gefunden. Während der Pausen spielt sie mit anderen Kindern und teilt ihre Habseligkeiten. Auch der Unterricht ist spielerisch ausgelegt, um den Kindern das Alphabet der Blindenschrift Braille beizubringen.

Durch Geschicklichkeits- und Sensibilisierungsübungen trainieren die Kinder ihre Finger und bereiten sie auf die feinen Druckpunkte auf dem Papier vor. Dabei unterscheiden sie beispielsweise Hirse und Bohnen und stärken somit ihren Tastsinn. Auch mit den notwendigen Utensilien, wie dem Griffel, lernen sie umzugehen. Mit genügend Übung können blinde Menschen Braille genauso schnell lesen wie Sehende Schwarzschrift.

Jedes Kind hat ein Recht auf Bildung

Jede*r hat ein Recht darauf zu lernen sich durch Sprache und Schrift mitzuteilen, um die eigene Selbstständigkeit und Menschenwürde zu wahren. Durch unsere Einsätze in abgelegenen Regionen erreichen wir so viele Menschen wie möglich und bringen Kinder wie Amandine in inklusiven Schulen unter. Dabei arbeiten wir eng mit unseren Partnerorganisationen zusammen, welche die Regionen am besten kennen.

Nicht nur heute am Weltbildungstag, sondern während des ganzen Jahres setzten wir uns dafür ein, dass jedes Kind, egal ob mit oder ohne Behinderungen, die Schule besuchen darf.