- Testamentsspende
Über das Erben und Vererben spricht man nicht gerne – aber man sollte. Dr. Stephan Prayer ist Notar in Wien und berät Menschen dann, wenn es um die Frage geht: Was passiert mit meinem Besitz, wenn ich einmal nicht mehr bin? Wir haben mit ihm darüber gesprochen, wie er zu seinem Beruf gekommen ist, was man bei der Erstellung eines Testaments beachten sollte und was Menschen eigentlich dazu bewegt, eine gemeinnützige Organisation in ihrem Testament zu bedenken.
Wieso haben Sie sich entschlossen, Notar zu werden?
Dr. Prayer: Das war eigentlich gar kein Entschluss. Es hat sich schlicht und einfach ergeben. Während meines Studiums war ich mir sicher, dass ich niemals Notar werde. Doch dann kam es anders. Nach Studienabschluss hat sich das einfach ergeben. Ich war auf Arbeitssuche und erhielt das Angebot. 1987 trat ich in den Berufsstand als Kandidat ein. Im Laufe der Zeit erkannte ich, dass es vom Juristischen her genau das Richtige für mich ist. Je mehr ich diesen Beruf gelebt habe, umso mehr hat er mir gefallen. Ich habe es nie bereut, diesen Beruf ergriffen zu haben. Ich genieße es, und es bleiben mir noch 5,5 Jahre. Dann muss ich in Pension gehen.
Was finden Sie an Ihrem Beruf spannend oder interessant?
Dr. Prayer: Das ist ganz klar der Umgang mit Menschen, der für mich an oberster Stelle steht. Die Gesetze, die das Zusammenleben der Menschen in geordnete Bahnen bringen sollen, kommen dazu. Immer wieder stößt man dabei an Grenzen. Ein Schlüsselerlebnis hatte ich 1985 mit meinem ersten Ausbildungsrichter. Eine Partei kam am Amtstag zu ihm, um sich bei einem konkreten Problem Rat zu holen. Der Richter meinte, dass man ihr auf juristischer Ebene helfen könne, aber auf menschlicher Ebene müsse die Person allein zurechtkommen. Und genau das trifft meiner Meinung nach nicht zu. Beides ist untrennbar miteinander verbunden und letztlich hat das Menschliche doch mehr Bedeutung. Den normativen Zugang vieler Jurist*innen halte ich für grundlegend falsch. Sie sehen alles in einem gesetzlichen „Kastl“ und das, was außerhalb ist, existiert für sie nicht. Gerade im Vertragsrecht ist es z.B. wichtig, welche menschlichen Probleme dahinterstehen. Zu erkennen, was die Person eigentlich will und alle Möglichkeiten auszureizen, macht die Qualität eines guten Vertrages aus.
Welche Erfahrungen machen Sie bei der Erstellung von Testamenten?
Dr. Prayer: Eine wiederkehrende Erfahrung ist, dass Menschen oft mit Fehlvorstellungen zu mir kommen. Sie haben etwas gehört oder gelesen, haben aber selbst keine klaren Vorstellungen. Sie wissen manchmal, wer nach ihrem Ableben nichts bekommen soll, aber hin und wieder auch nicht, wer schon etwas bekommen soll. Meine Herangehensweise ist dann, erst einmal abzuklären, an wen der Nachlass geht, wenn die Person kein Testament erstellt. Damit sind manche Menschen bereits zufrieden. Wenn sie davon allerdings abweichen wollen, berate ich sie genau hinsichtlich der Konsequenzen. Wer sind pflichtteilsberechtigte und sonstige verwandte Personen in ihrem Umfeld, sind wichtige Informationen dahingehend, wer etwas bekommt und wer nichts bekommt. Pflichtteilsberechtigt sind Ehegatten und -gattinnen, eingetragene Partner und Partnerinnen und Kinder. Es lässt sich relativ rasch abklären, wie die persönliche Situation einer Person aussieht. Der nächste Schritt ist dann die gemeinsame Erarbeitung eines Testaments nach den persönlichen Vorstellungen eines Menschen. Im letzten Schritt wird alles vorgelesen und dann das Testament errichtet. Wichtig ist mir auch, dass die Menschen wissen, dass sie ein Testament jederzeit ändern können. Die Zeiten ändern sich, die Gesetze ändern sich, die Menschen ändern sich. Darauf kann man jederzeit Rücksicht nehmen.
Hat sich bei der Erstellung von Testamenten im Laufe der Jahre etwas verändert?
Dr. Prayer: Einerseits ändert sich etwas, wenn sich das Gesetz ändert. Vor ca. 10 Jahren hat sich der Kreis der pflichtteilsberechtigten Personen verändert. Wenn keine Kinder vorhanden waren, gab es früher noch ein Pflichtteilsrecht für die Eltern. Das ist weggefallen, wodurch sich die Gestaltungsfreiheit bei Testamenten erweiterte. Sonst hat sich noch die Form der Testamentserrichtung geändert. Nach wie vor gilt, dass beim eigenhändigen Testament alles selber zu schreiben ist. Auch das Datum sollte dazu geschrieben werden. Das ist zwar keine Formvorschrift, aber es hat sich als absolut sinnvoll erwiesen, da man dadurch weiß, welches das zuletzt verfasste Testament ist. Bei fremdhändigen Verfügungen hat sich die Formvorschrift insofern verändert, dass handschriftlich dazu gesetzt werden muss: „Das ist mein letzter Wille“ oder „Das ist mein Testament“. Zusätzlich braucht es die Unterschriften von drei Zeug*innen, die mit Namen, Geburtsdatum, Adresse identifizierbar sein müssen. Zusätzlich braucht es ihre eigenhändige Unterschrift. Das soll die fremdhändigen Testamente insbesondere fälschungssicherer machen. Gerade bei dieser Art von Testamenten empfehle ich den Menschen, sich an Fachleute zu wenden, da man leicht etwas falsch machen kann und das Testament unwirksam wäre.
Was würden Sie jemandem empfehlen, wenn er ein Testament erstellen möchte?
Dr. Prayer: Überlegen Sie, wer bekäme was, wenn Sie kein Testament erstellen. Und überlegen Sie, wem Sie was hinterlassen wollen. Es gibt inhaltlich unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten. Manchmal, wenn Menschen gar keine klare Vorstellung haben, informiere ich sie auch darüber, dass sie Organisationen mit einem gemeinnützigen Zweck etwas hinterlassen können. Entweder haben Personen schon ein Nahverhältnis zu einer Organisation oder ich rate ihnen dazu, sich die Organisationen anzusehen, die das Spendengütesiegel haben. Da ist auch gewährleistet, dass die Gelder wirklich einem guten Zweck zugeführt werden.
Würden Sie zu einem eigenhändigen oder einem freihändigen Testament raten?
Dr. Prayer: Die juristische Antwort darauf: es kommt darauf an. Wenn Menschen mit leicht umsetzbaren Vorstellungen zu mir kommen, reicht ein eigenhändiges Testament vollkommen aus. Die Menschen können das direkt bei mir im Büro selbst schreiben, wenn sie das möchten. Ich gebe auch gerne Formulierungshilfen dafür. Das ist dann kostenmäßig günstiger. Im Wesentlichen macht das eine Verwahrungsgebühr von 100 Euro aus. Ein fremdhändiges Testament macht bei einer gewissen Komplexität aber mehr Sinn. Und das kostet dann auch mehr, schätzungsweise an die 400 Euro (Beratung, Errichtung und Verwahrung). Wenn es besonders komplex ist, kann es auch mehr als das kosten.
Werden es mehr Menschen, die in Ihrer Kanzlei eine Hilfsorganisation im Testament bedenken?
Dr. Prayer: Ich muss gestehen, dass ich persönlich keine Zunahme wahrgenommen habe.
Welche Gründe nennen Personen dafür, eine gemeinnützige Organisation im Testament zu bedenken?
Dr. Prayer: Der wichtigste Grund ist, wenn sie bereits ein Naheverhältnis zur Organisation haben. Wenn sie etwa schon viele Jahre für die Organisation spenden. Selten kommt es vor, dass die Menschen gar keine konkreten Vorstellungen haben, wem sie etwas hinterlassen wollen. Da kann ich sie u.U. dazu inspirieren, über eine Testamentsspende nachzudenken. Es gibt ja etliche Organisationen, die sich bemühen, sinnvolle Arbeit für einen guten Zweck zu leisten und dafür benötigen diese auch Geld. Ich empfehle den Menschen immer nachzusehen, welche Organisationen das Spendengütesiegel haben, damit man auch sicher sein kann, dass mit dem Geld etwas Sinnvolles passiert.
Können Sie selbst sich vorstellen, sich zu einer Testamentsspende zu entschließen?
Dr. Prayer: Durchaus, ja. Noch habe ich kein Testament gemacht. Die gesetzliche Erbfolge ist klar. Ich kann es mir durchaus vorstellen. Licht für die Welt wäre auf jeden Fall die erste Adresse dafür.
Wenn ja, was wären Ihre Gründe dafür?
Dr. Prayer: Weil ich über die vielen Jahre hinweg die Institution, vor allem die Menschen, die dort arbeiten, kennengelernt habe und sehe, wie sie sich bemühen, gute Arbeit zu leisten für andere Menschen, die es brauchen. Wenn das Kinder mit Sehproblemen sind, finde ich das besonders sinnvoll. Aber offen gesagt, habe ich mir über mein Testament noch keine Gedanken gemacht. Ich finde die Anregung aber sehr gut.
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